Irans hausgemachte Wasserkrise

Irans hausgemachte Wasserkrise

Mehr als zwei Millionen Menschen müssen wegen Wassermangels ihre Region verlassen

Glaubt man einigen iranischen Wissenschaftlern, dann sind langfristig nicht die USA die größte Bedrohung des Landes. Im Fernsehen sagte Parviz Kardavani, Professor für Humangeografie und Wüstenforscher an der Universität Teheran: »Es gibt kein Wasser mehr. Die Wasserkrise, nicht die USA, bedroht die nationale Sicherheit.« Eine Einschätzung, die Kaveh Madani teilt, der bei den Vereinten Nationen im Bereich Umweltschutz arbeitet: Die Wasserkrise sei »tödlich«. Und auch die iranische Regierung schlägt Alarm und schätzt, dass in den kommenden zehn Jahren bis zu 50 Millionen Iraner wegen »Wassernot« auswandern müssen. Die hochgradig brisante Lage betrifft zunächst die Provinz Sistan und Belutschistan in Südost Iran.

Diese Provinz war lange der größte Wassermelonenexporteur der Welt, aber bereits vor zehn Jahren hat die Regierung den Auslandshandel mit der wasserintensiven Frucht verboten. Bisher haben zweieinhalb Millionen Menschen wegen der Wasserkrise diese Provinzen verlassen und befinden sich innerhalb Irans auf der Flucht. In Sistan und Belutschistan, wo Menschen seit über 5000 Jahren von Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei leben, wird es zunehmend lebensfeindlich. In den Ostprovinzen scheitert Iran daran, gemeinsam mit Afghanistan die Wassernutzung des Flusses Hirmand, der durch beide Länder fließt, zu regeln. Doch die Gründe für den Wassermangel sind unterschiedlich. Einige Forschungsinstitute benennen Faktoren wie das Bevölkerungswachstum, Missmanagement und falsche Landwirtschaftsbewässerung als Ursachen der Dürren. Kardavani, der auch »Vater der iranischen Wüste« genannt wird, beklagt die hohe Nitratbelastung des Wassers. »Das iranische Volk kannte die Kultur des richtigen Wasserverbrauchs, weil es dreitausend Jahre mit dem trockenen und dehydrierten Klima Irans aufgewachsen war.« Die Not der Menschen mischt sich mit Vorwürfen wegen Misswirtschaft und Korruption.

Eine scharfe Anklage kommt auch vom Forum der Wasserwissenschaftler, die darauf hinweisen, dass die Regierung schon in den 1980er Jahren von der sich abzeichnenden Wasserkrise wusste und es verschlafen hat, etwas dagegen zu tun: »Konnten sie nicht oder wollten sie nicht?«, fragen die Wissenschaftler. Sie kritisieren die Agrarpolitik Irans, die geprägt ist von »Deals« zwischen Mittelsmännern der Vertragsunternehmer und Parlamentsabgeordneten. Um Wahlen zu gewinnen, zeigen sich die Abgeordneten vor laufenden Kameras, wie sie Staudämme für die Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen einweihen. Dann zeigen sie sich wieder an der Seite von Landwirten, denen sie Subventionen bereitstellen. Die Wissenschaftler kritisieren, dass Wasser mit einer falschen Agrartechnik und für politische Interessen verbraucht wurde. Verantwortlich machen sie die Bürokratie, geheime Deals zwischen Parlamentsabgeordneten, manche Politiker und Behörden auf lokaler Ebene verantwortlich.

Um die Wasserkrise zu lösen, fordern die Wissenschaftlern die Reinigung des Wassers mit neuen Technologien. Dass allerdings das Angebot des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu angenommen wird, ist zu bezweifeln. Der machte den Vorschlag, israelische Ingenieure könnten die technologische Wasserreinigung in Iran übernehmen. Irans Staatsoberhaupt Seyed Ali Khamenei wies das Angebot mit Beleidigungen zurück.Professor Parviz Kardawani machte unterdessen einen anderen Vorschlag, wie die Wasserkrise in Iran gemildert werden könne. Im Weltall trinken Astronauten ihren recycelten Urin. Und generell gilt, die noch übrigen 15 Prozent der iranischen Wasserreserven müssen ausschließlich fürs Trinken genutzt werden.

 

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